Warum schaut der junge Familienvater und Nochstudent auf der Dienstreise abends im Hotel Serien statt sich der Fertigstellung seiner Bachelorarbeit zu widmen?

Er ist in Verzug geraten nicht Tage oder Wochen, nein inzwischen sind es schon Monate. Und immer wenn ich nachfrage kommen andere Ausreden oder es werden andere Gründe genannt. Inzwischen muss das Neugeborene herhalten. Umso erstaunter war ich jetzt auf einer gemeinsamen Dienstreise als er mir erzählte, er habe gestern im Hotel angefangen neue Serien bzw. Staffeln zu schauen – möglich, weil das Hotel-WLAN jetzt schneller sei. Da stelle ich mir schon die Frage, warum er die Ruhe vor dem Kind und das schnelle Internet nicht dazu nutzt, seine Bachelorarbeit voranzutreiben. Doch das Schauen von Serien hat System und ihm scheint gar nicht bewusst zu sein, wieviel Zeit ihn das Kostet. Auf dem gesamten Heimweg, mit dem Auto, schaut er sich weitere Folgen auf dem Handy an. Er steigt nicht mal bei einer Tank- und einer weiteren Toilettenpause aus.

Versteht mich nicht falsch, Serien haben einen gewissen Reiz und ich kann auch nachvollziehen, dass man wissen will, wie es weitergeht. Aber heutzutage ist man durch Streamingangebote ja nicht mehr darauf angewiesen, zu einem festen Zeitpunkt vor dem Fernsehapparat zu sitzen. Man kann schauen wann und wo man will. Aber der Grundsatz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ scheint heute nicht mehr zu gelten.

Warum verneint er eine Frage, um sich nur wenige Sekunden danach selbst zu widersprechen und dann das genaue Gegenteil zu behaupten?

Da versuche ich heute an der Arbeit Quellcode einzuchecken, der auf der Dienstreise entstanden ist und scheitere daran, dass es Konflikte gibt. Kommt vor und auch kein Drama. Ich schaue mir die Unterschiede der Versionen an und erkenne schnell, dass die Änderungen von der Dienstreise lokal noch mal vorgenommen wurden. Warum sich jemand diese doppelte Arbeit macht verstehe ich nicht. Und gar nicht mehr folgen kann ich, als erst behauptet wird, man hätte nur eine Änderung noch mal vorgenommen. Als ich dann Frage, ob ich die anderen Dateien einchecken soll aber gesagt wird nein, ich solle es verwerfen. Mir platzt fast der Kragen und auf meine Nachfrage gibt er zu, dass er weitere Änderungen nachgebaut hat und ich die Änderungen der Dienstreise damit wieder verwerfen könne. So macht eine Quellcodeverwaltung so gar keinen Sinn.

Warum bekommt man nicht wenigstens eine Rückmeldung?

„Zeit ist Geld“, sagt man und auch knapp bemessen und viele beklagen sich darüber, immer mehr zu tun zu haben. Das Problem kenne ich auch und kann verstehen, dass man nicht immer Lust hat, sich sofort zurückzumelden und um eine Anfrage zu kümmern. Allerdings stehe ich auch auf dem Standpunkt, dass es zum guten Ton gehört, eine kurze Rückmeldung zu geben. Und sei es nur „Habe Deine Nachricht bekommen, kümmere mich erst später darum. Melde mich wieder“. Das ist heute mit den Messengern eine Sache von wenigen Sekunden, tut nicht weh und dürfte auch kein Geld kosten.

 

Warum so unhöflich?

Höflichkeit ist für mich kein optionales Vorgehen. Es gehört für mich zum menschlichen Miteinander dazu, wie das tägliche Brot zum Leben. Klar kenne ich es auch, dass man von einem Gegenüber so auf die Palme gebracht wird, dass man nicht mehr an sich halten kann. Dann, so finde ich, darf man sich auch mal darüber ärgern und seinem Ärger Luft machen. Was ich merke ist aber, dass zum Beispiel bei Telefongesprächen die Höflichkeit fehlt. Früher hat man sich mal ordentlich gemeldet, seinen Namen gesagt und vielleicht noch gefragt wie man helfen kann. Nach dem Gespräch gab es noch eine Verabschiedung. Heute fallen einige mit der Türe ins Haus. Schließlich sieht man ja auf dem Display, wer dran ist und eine Verabschiedung – my ass.

Dasselbe Bild bei  Mails. Kein Hallo, keine Verabschiedung und Satzstellung, Formatierung und Groß-(Kleinschreibung sind oft Glückssache. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal einen Schreibfehler in meiner Mail habe. Andere hauen Texte und Mails raus, die hätte ich früher so noch nicht einmal auf ein Schmierblatt niedergeschrieben.

Aber das ganze kann man nicht nur im digitalen Miteinander feststellen. Auch im echten Leben macht sich Unhöflichkeit breit. Da werden Räume betreten ohne ein Wort zu sagen, Türen in die Angel fallen gelassen, obwohl noch jemand hinter einem geht und man benimmt sich generell als wäre man der letzte Mensch auf Erden.

 

We use cookies
Diese Website verwendet Cookies.
Nähere Informationen dazu und zu Ihren Rechten als Benutzer, finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Klicken Sie auf „Ich stimme zu“, um Cookies zu akzeptieren.